Gülens Tod: Die Türkei am Rande eines politischen Erdbebens Gülens Tod: Die Türkei am Rande eines politischen Erdbebens

Gülens Tod: Die Türkei am Rande eines politischen Erdbebens

Einführung

Der plötzliche Tod von Fethullah Gülen, dem einst mächtigen islamischen Prediger und Erzfeind des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, bringt eine komplizierte und brisante Geschichte zum Vorschein, die weit über persönliche Fehden hinausgeht. Gülen, der im Exil in den USA lebte, hinterlässt eine Welt im Zwiespalt und ein Erbe, das gleichermaßen religiös, politisch und sozial giftig ist. Sein Name steht nicht nur für ein umfassendes Netzwerk aus Schulen, Medien und Stiftungen, sondern auch für den fraglichen Vorwurf, der Drahtzieher eines blutigen Putschversuchs gewesen zu sein. Diese Kontroverse hat die türkische Gesellschaft bis ins Mark erschüttert und die politische Landschaft des Landes in den letzten Jahrzehnten prägend verändert.

Hauptteil

Hintergrundinformationen und historische Entwicklungen

Fethullah Gülen, geboren 1941 in der Türkei, avancierte zum einflussreichen Prediger und Schriftsteller. Sein Netzwerk – meist als “Gülen-Bewegung” bekannt – umfasste weltweit Schulen, Bildungsinstitutionen und Medienunternehmen. Ursprünglich handelte es sich um eine Bewegung, die sich vordergründig für Bildung, Toleranz und interreligiösen Dialog einsetzte. Doch hinter diesem scheinbar harmlosen Fassade soll, so die Behauptung der türkischen Regierung, eine systematische Unterwanderung des türkischen Staatsapparates gestanden haben. Die langjährige Allianz zwischen Gülen und Erdoğan, die einst gemeinsam gegen die als laizistisch empfundenen Strukturen kämpften, brach etwa in 2013 in einer spektakulären Feindseligkeit auf (siehe: [Spiegel](https://www.spiegel.de/ausland/fethullah-guelen-und-recep-tayyip-erdogan-wie-der-machtkampf-die-tuerkei-gepraegt-hat-a-edb9fac3-149d-478f-b69b-1ecfc37e11d1)).

Aktuelle Trends und relevante Statistiken

Die türkische Regierung beschuldigte Gülen und seine Anhänger, für den missglückten Putschversuch im Jahr 2016 verantwortlich zu sein. Seitdem haben Säuberungsaktionen in der türkischen Bürokratie, dem Militär und dem Bildungsbereich über Hunderttausende Menschen in Haft gebracht oder entlassen. Die Tragweite dieser Maßnahmen und die derzeitige politische Repression spiegeln sich in internationalen Statistiken wider: Die Türkei rangiert auf der Weltkarte der Pressefreiheit unter den problematischsten Ländern und wird als gefängnisführend für Journalisten eingestuft.

Wichtige Akteure und ihre Rollen

Während Fethullah Gülen als Strippenzieher im Hintergrund agierte, steht der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan als einer der einflussreichsten Politiker unserer Zeit im Rampenlicht. Gülens Einfluss im Ausland, insbesondere in westlichen Demokratien, rief zahlreiche Reaktionen hervor. Speziell die USA, wo Gülen seit 1999 im Exil lebte, wurden oft angegriffen und beschuldigt, einen “Terroristen” zu schützen. Dies hat wiederum die bilateralen Beziehungen zwischen der Türkei und anderen Nationen beeinflusst und belastet.

Vor- und Nachteile oder unterschiedliche Standpunkte zu dem Thema

Die Kontroversen rund um Fethullah Gülen und die Gülen-Bewegung sind vielschichtig. Befürworter seines Netzwerks betonen den positiven Beitrag zur Bildung und Entwicklung, den seine Schulen weltweit erzielt haben sollen. Doch Kritiker unterstreichen die autoritäre und intransparente Struktur innerhalb der Bewegung. Das weithin als geheimnisvoll geltende Netz hat die Türkei tief gespalten. Das Regime von Erdoğan nutzt die Feindschaft mit Gülen geschickt, um innenpolitische Gegner und vermeintliche Sympathisanten der Bewegung kaltzustellen – ein zweischneidiges Schwert zwischen der Notwendigkeit realpolitischer Stabilität und dem Vorwurf autokratischer Machtausübung.

Fazit

Der Tod von Fethullah Gülen im US-Exil ist nicht das Ende einer Bewegung, sondern möglicherweise der Beginn eines neuen Kapitels in der komplexen Geschichte der Türkei. Sein Erbe wird weiterhin auf unterschiedlichen Ebenen nachwirken – sowohl in der politischen Arena, in der religiösen Landschaft als auch in der sozialen Struktur des Landes. Es bleibt abzuwarten, wie sich das geopolitische Spielfeld durch diesen Verlust in den kommenden Jahren verändern wird und ob es Frieden oder weiteres Chaos bringen wird. Die türkische Gesellschaft und die internationale Gemeinschaft stehen am Scheideweg, bei dem die Weichen für eine post-gülenische Ära gestellt werden müssen. Eine Ära, die mit Sicherheit nicht einfacher, aber möglicherweise hoffnungsvoller und inklusiver gestaltet werden kann.